„Die Ergebnisse aus diesem ersten Versuchsjahr stimmen grundsätzlich positiv“, resümiert Weinbau-Expertin Katja Pfeifer von der ZG Raiffeisen. Insgesamt sechs Bio-Rationals hat die badische Hauptgenossenschaft in einzelnen Rebreihen eingesetzt, um ihre Wirksamkeit speziell gegen die schädlichsten Krankheiten zu testen, darunter echter und falscher Mehltau (Oidium und Peronospora). Einen vergleichbaren Versuch in dieser Größenordnung gibt es in Baden-Württemberg nicht.
Unbehandelt haben die Pilzerkrankungen verheerende Auswirkungen auf den Ertrag. „Je nach Region kann man die empfindlichen Rebpflanzen mit ausschließlich biologischen Präparaten und Methoden nicht in jedem Jahr ausreichend schützen, besonders in der Ortenau gibt es Einschränkungen“, weiß Pfeifer. Bei zu feuchter Witterung zum falschen Zeitpunkt etwa ist der Krankheitsdruck zu hoch. Das ergab auch der mehrjährige rein biologische Versuch auf dem Testgelände des Aspichhofs. „Umso interessanter sind daher die Möglichkeiten, die die Bio-Rationals bieten.“
Hersteller bieten Alternativen
Die Wirkungsweise der Präparate ist unterschiedlich. In einem Fall wird ein spezieller Bazillus-Erreger mit dem Produktnamen „Taegro“ ausgebracht, der die Blattoberflächen besiedelt und dem Mehltau damit den Garaus macht. Der Bazillus selbst richtet keinen Schaden an. Bei dem Produkt „Romeo“ sorgen Silikate dafür, dass sich eine Schutzschicht um die Blätter bildet. Die Hefe in „Botector“ ist sogar in der Lage, mikroskopisch kleine Rillen in der Traubenhülle - potenzielle Eintrittspforten für Schädlinge und Fäulnis – quasi zu versiegeln.
Dass die Industrie verstärkt auf den Druck aus Gesellschaft und Politik reagiert, den Einsatz von synthetischen Mitteln in der Phythomedizin zu reduzieren, spürt man bei der ZG Raiffeisen deutlich. „Immer mehr Hersteller kommen mit Alternativen auf uns zu“, berichtet Pfeifer. Vier der bei den Versuchen eingesetzten Mittel sind bereits im Handel erhältlich, zwei stehen vor der Zulassung. Da die Bio-Rationals generell eine Neuheit darstellen, sind die Versuche für die ZG Raiffeisen umso wichtiger. „Produkte versprechen unter Laborbedingungen immer viel. In der Natur sieht manches dann aber ganz anders aus“, so die Weinbau-Expertin.
Handlungsempfehlungen direkt für die Praxis
Was ist praxistauglich und was setze ich wie am besten ein? Das sind die zentralen Fragen der umfassenden Winzer-Beratung, die die badische Hauptgenossenschaft ihren Mitgliedern und Kunden über das ganze Jahr hinweg in zahlreichen Veranstaltungen oder individuellen Gesprächen kostenfrei bietet. Wie sich am Beispiel Bio-Rationals zeigt, sind die Handlungsempfehlungen so praxisnah, wie es nur eben geht. „Eine Ausbringung vor einem zu erwartenden Starkregen ist sozusagen für die Katz‘“, nennt Pfeifer ein Beispiel. Dann werden die Mittel abgewaschen, bevor sie ihre Wirkkraft entfalten können.
Die besten Chancen haben Bio-Rationals nach Pfeifers Einschätzung in Jahren ohne besondere Wetterextreme. Und wieviel Einsparpotenzial für konventionelle Phythomedizin ergibt sich durch den Einsatz der neuen Präparate? Hier kann und will sich Katja Pfeifer nicht festlegen: „Ein Jahr reicht nicht aus, um belastbare Aussagen zu treffen, außerdem gilt es, die Kombinationen mit konventionellem Pflanzenschutz zu prüfen, da viele Weinbaubetriebe sich mit einzelnen Bausteinen herantasten möchten!“. Die ZG Raiffeisen wird „dranbleiben“. Das Interesse der Winzer ist da.