Lagerhaus Hardheim 1954
Lagerhaus Hardheim 1954
Zentrale in Karlsruhe
Zentrale in Karlsruhe
Der erste Silozug
Der erste Silozug
"Pflüge jeder Art"
"Pflüge jeder Art"
Raiffeisen Markt Stockach
Raiffeisen Markt Stockach

Mehr als 100 Jahre gewachsen mit der Region

Geschichte der ZG Raiffeisen

Als Geburtsstunde der ZG Raiffeisen gilt das Jahr 1911. Am 1. Januar nimmt in Freiburg die Ursprungsorganisation der ZG Raiffeisen ihre Arbeit auf, die „Zentral-Bezugs und Absatz-Genossenschaft des Badischen Bauern-Vereins eGmbH“. Ein Jahrzehnt später, im November 1920, folgen die nordbadischen Landwirte mit der Gründung der „Badischen landwirtschaftlichen Hauptgenossenschaft eGmbH“ in Karlsruhe. Am 28. November 1929 gaben beide Organisationen ihre Fusion zur „Badischen landwirtschaftlichen Zentralgenossenschaft eGmbH“ bekannt.

Ein halbes Jahrhundert firmierte die Organisation unter diesem Namen, bevor sie 1975 in "Raiffeisen-Zentralgenossenschaft Karlsruhe eG" umbenannt wurde. Ihren endgültigen Namen erhielt die "ZG Raiffeisen eG" durch Beschluss der Mitgliederversammlung am 18. Juni 2004.

Historische Etappen

Vom Gegeneinander zum Miteinander

Bis zu dem historischen Zusammenschluss der beiden badischen Ursprungsgenossenschaften war es ein langer Weg. Anfangs machten beide einander auf dem Territorium des jeweils anderen offen Konkurrenz. Die Folgen sollten beide Organisationen über ein Jahrzehnt lang empfindlich zu spüren bekommen.

Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Wegfall von Elsass-Lothringen und des Saarlands im Versailler Vertrag fehlten den nordbadischen Landwirten plötzlich einige ihrer wichtigsten Betriebsmittellieferanten. Sie gründeten daraufhin im November 1920 in Karlsruhe eine eigene Hauptgenossenschaft. Die wirtschaftlichen Folgen der Großen Depression der 1920er Jahre machten den beiden Konkurrenten auf badischem Boden finanziell und organisatorisch bald schwer zu schaffen. Die Reichsregierung bot ein groß angelegtes Sanierungsprogramm an, doch sie stellte Bedingungen: Die fruchtlose Konkurrenz der beiden badischen Hauptgenossenschaften soll ein Ende finden. Als rettender Ausweg bleibt damit nur die Fusion beider Organisationen zur „Badischen landwirtschaftlichen Zentralgenossenschaft eGmbH“ am 28. November 1929.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 entging auch die ZG Raiffeisen nicht der Gleichschaltung. Wie alle Agrarproduzenten wurden die Genossenschaften 1934 in den sogenannten "Reichsnährstand" zwangsintegriert, die Organisation der NS-Agrarpolitik. Die Kriegspläne des NS-Regimes begannen sich schon frühzeitig abzuzeichnen: Die gesamte deutsche Industrie sollte von ausländischen Importen unabhängig gemacht werden. Im Zuge dieses sogenannten "Erzeugungsschlacht"-Programms errichtete die ZG Raiffeisen 1935 das Flachswerk in Osterburken. Nachdem das NS-Regime ab September 1939 zunächst Europa und bald darauf die ganze Welt mit Krieg überzog, begann im Deutschen Reich erneut die staatliche Zwangsbewirtschaftung lebenswichtiger Agrarerzeugnisse. Der massenhafte Einsatz von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern prägten bis Kriegsende das Bild der Landwirtschaft.

Nach der Kapitulation liegt das Deutsche Reich und mit ihm Baden in Trümmern. Die Menschen sind vollauf damit beschäftig, ihr Überleben zu sichern. In den unmittelbaren Nachkriegsjahren drohen sich beide Zweige der badischen Zentralgenossenschaft wieder auseinanderzuentwickeln. Die Zonengrenze verläuft quer durch Baden. Erneut leben die Freiburger Organisation in der französischen Zone und die Karlsruher Organisation  in der amerikanischen Zone wieder auf, eine Entwicklung, die von den französischen Besatzungsorganen aktiv betrieben wird. Erst mit Gründung der Trizone 1948 finden beide Zweige wieder zusammen. Im Zuge der Entnazifizierung gibt es Bestrebungen, Mitglieder mit NSDAP-Parteibuch aus der Genossenschaft auszuschließen.

Mit der Nachkriegszeit setzt ein gewaltiger Strukturwandel in der Landwirtschaft ein. Von den Landwirten, die überhaupt aus dem Krieg heimgekehrt sind, finden viele bessere Angebote in der Industrie, andere müssen aufgeben. Einzelne Lagerhäuser und kleine Verarbeitungsbetriebe werden unrentabel. Zentralgenossenschaften übernehmen mehr und mehr Aufgaben, denen die Primärgenossenschaften selbst nicht mehr effizient gewachsen sind.

Die Auswirkungen der Technisierungswelle, die mit der Verbreitung von Elektromotor und Schlepper in den 1930er Jahren eingesetzt hat, machen sich bemerkbar. Fehlende Arbeitskräfte können häufig nur durch Maschinen ersetzt werden. Bei der Ernte sind bald die ersten Mähdrescher auf den Feldern zu sehen. Getreide wird nun in viel größeren Mengen geerntet und als lose Ware gehandelt. Beides erfordert andere Kapazitäten und Methoden bei Transport und Lagerung. Ohne Silo, Lastwagen und Förderband geht bald nichts mehr. Der Investitonsbedarf im Landwirtschaftsgewerbe steigt enorm.

Symbolisch für den Wandel der ZG Raiffeisen zum modernen Dienstleister für die Landwirtschaft steht die Einweihung des Raiffeisen Kraftfutterwerkes (RKW) in Kehl 1963. Das Futter kann nun nach Bedarf der Kunden individuell gemischt werden. Die Anforderungen an Qualität und Ergiebigkeit des Futters wachsen ständig. Expertise und Fachwissen sind gefragt, während staatliche Institutionen zunehmend mit Kontrollaufgaben beschäftigt sind. Die ZG Raiffeisen wird mehr und mehr zum regionalen Dienstleister für Beratung, Erfassung und Großhandel.

Die Auswirkungen neuer Produktionsmöglichkeiten lassen nicht lange auf sich warten. Landwirtschaftliche Erzeugnisse müssen sich bald gegen fertige Produkte behaupten, die von Lebensmittelketten in Supermärkten direkt an Privatkunden verkauft werden. Aus ersten angeschlossenen Verkaufsstellen bei den Niederlassungen entwickeln sich die Haus und Garten-Märkte. Mit diesen sogenannten "Grünen Märkten" füllt die ZG Raiffeisen eine Marktlücke. Über die Raiffeisen Märkte versorgt die Zentralgenossenschaft nun auch Endkunden.

Neue Technologien bieten neue Möglichkeiten. Zugleich haben sie die Arbeit auf dem Feld und im Stall auch nachhaltig verändert und entwickeln sich ständig weiter. Moderne und leistungsfähigere Traktoren, Mähdrescher und Melkmaschinen müssen entwickelt, vertrieben und gewartet werden. Reparaturen werden aufwändiger, rechnergesteuertes Gerät erfordert Spezialisten. Die ZG Raiffeisen baut ab den 1950er Jahren ihr Werkstattnetz weiter aus.

Neue Technologien benötigen andere Treibstoffarten in größeren Mengen, während neue Energieformen auf den Markt drängen. Bald können sich auch Privathaushalte Ölheizungen und PKW leisten. Neben Höfen und Stallungen brauchen auch Privatwohnungen Wärme im Winter und Energie zu jeder Jahreszeit. Die ZG Raiffeisen wird seit 1973 zum Energielieferanten für Haus und Hof.

Diese Energie fließt in eine Infrastruktur, an die all die moderne Technik immer neue Anforderungen stellt. Das Gerät will sicher untergebracht sein und erfordert Installationen aller Art. Neue Betriebsstätten werden errichtet, und auch die Familien wollen wohnen und leben. Die Landwirte bauen für Haus und Hof. Anfangs stellen die Niederlassungen der ZG Raiffeisen eine Auswahl an Baumaterial bereit, doch der Bedarf wächst und wird immer spezieller. Baustoffe werden ein neuer Geschäftszweig.

Die ZG Raiffeisen geht mit der Zeit, aber blinder Fortschrittsglaube ist nicht ihre Art. Während moderne Technik im Agrar- und Energiegeschäft allgegenwärtig sind, hat sie ihren Arbeitsplatz, die Natur, nie aus den Augen verloren. Wo immer es geht und sinnvoll ist, besinnt sie sich auf natürliche Methoden. Biologischer Pflanzenschutz oder Bioenergie und eine praxisnahe Produktion sind kein Widerspruch, solange die Ideen für neue Lösungen da sind.

Ende der 1990er Jahre führt die ZG Raiffeisen nahezu alle modernen Betriebsmittel, die die moderne Landwirtschaft braucht. Doch die Standorte können das erforderliche Spezialwissen kaum noch vor Ort bündeln. Mit einer umfassenden Umstrukturierung geht die ZG Raiffeisen neue Wege: Aus Abteilungen werden Geschäftsbereiche, aus Lagerhäusern Niederlassungen. 2004 wird der Geschäftsbereich Baustoffe in eine eigene Gesellschaft - die Raiffeisen Baucenter AG - überführt. Der Spezialisierung vor Ort steht nun nichts mehr im Wege. Ein neues Jahrhundert im Dienste Badens beginnt.