Bilanz der ExpoSE 2013 - „Die Regionalität dürfen wir uns von den Discountern nicht nehmen lassen!“

Wolfgang Böser, 1. Vorsitzender des Verbandes Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE) (Foto: Jens Kreutzfeldt)
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Im November traf sich wieder die Sonderkulturbranche auf der internationalen Fachmesse für die Spargel- und Erdbeerbranche (kurz ExpoSE) in Karlsruhe. Wie steht die Sonderkulturbranche da nach einem klimatisch mehr als schwierigem Jahr? Wir sprachen mit Wolfgang Böser, dem 1. Vorsitzender des Verbandes Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE), der die ExpoSE in diesem Jahr zum 18. Mal veranstaltete.

Mit 370 Ausstellern und über 5.000 Fachbesuchern, davon rund 1.000 aus aller Welt, erzielte die ExpoSE 2013 einen neuen Besucherrekord. Dies machte sich auch spürbar am gemeinsamen Stand von ZG Raiffeisen und ihrer Schwestergenossenschaft Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main eG aus Köln (RWZ) bemerkbar. Auf nahezu 100 qm präsentierten die Geschäftsbereiche ZG Raiffeisen Agrar, ZG Raiffeisen Technik und RWZ Technik Sehenswertes aus ihrem Angebot für die Spargel- und Erdbeerproduktion.

<link internal-link internal link in current>Das vollständige Interview mit Wolfgang Böser zur Lage der Sonderkulturbranche und unseren Bericht mit allen Fotos von der Messe finden Sie hier.


Die Attraktion am Stand waren zwei Spezialtraktoren der Firma Fendt. Die RWZ Köln hatte einen Hochradschlepper mitgebracht. Dieser Sonderfahrzeugbau mit einer Durchfahrtshöhe bis 70 cm ermöglicht es nahezu jederzeit, in den Spargelacker zu fahren. Neben einigen Exemplaren neuester Agrartechnik standen am Messestand von RWZ und ZG Raiffeisen vor allem das neue Angebot für eine individuelle Bodenanalyse im Vordergrund. Dabei kann der Landwirt den Nährstoffbedarf seines Bodens gezielt durch Bodenproben ermitteln und für seinen Standort optimieren lassen.

Die Stimmung ist besser als erwartet

Der Branche geht es insgesamt besser, als es das Jahr 2013 mit seinen unbeständigen Wetterverhältnissen eigentlich hätte erwarten lassen. Im Trend sind weiterhin Lösungen für Verfrühung, Kühlung und Automation mit entsprechenden maschinellen Lösungen. Über das Befinden der Branche konnten wir mit Wolfgang Böser vom Veranstalter Verbandes Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE) sprechen.

Interview mit Wolfgang Böser, 1. Vorsitzender des Verbandes Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE)


Herr Böser, über 5.000 Interessierte haben die Erdbeer- und Spargelmesse 2013 besucht, davon über 1.000 aus aller Welt. Sind Sie zufrieden?

So viele Aussteller und Besucher hatten wir noch nie. Außerdem haben 67 Prozent der Fachbesucher auf der Messe gekauft oder geordert. Das ist eine sehr gute Quote.

Heißt das, der Sonderkultur-Branche geht es gut?

Die Stimmung war jedenfalls deutlich besser, als man es nach diesem schwierigen Jahr erwarten durfte. Aber das lag sicher auch daran, dass der Verbraucher verstanden hat, dass die Situation außerordentlich schwierig ist, wegen der relativ geringen Erntemengen. Jedenfalls hat sich niemand beklagt über die Preise. Das ist in dieser Form ungewöhnlich.

Welche Trends bewegen die Branche derzeit?

Ein Dauertrend ist natürlich die Verfrühungstechnik, also Folien und Tunnel-Material, mit dem wir die Felder im Winter schützen und dadurch versuchen, möglichst früh zu ernten. Hier gibt es noch viel Feinabstimmungsbedarf. Die Branche war in diesem Jahr hier allerdings etwas gespalten. Diejenigen, die intensiv auf Verfrühung gesetzt haben, waren besser dran als diejenigen, die ohne arbeiteten. Letztere konnten nicht ihr volles Ertragspotenzial nutzen und auch die höheren Preise am Anfang nicht mitnehmen. Bei den Betrieben, die Verfrühungstechniken einsetzen, ist jedenfalls der Direktvermartungs-Anteil deutlich höher beim Umsatz. Die Kunden laufen meistens zu dem Anbieter, der früh liefern kann. Wenn sie erst einmal weg sind, sind sie schwer wieder zurückzugewinnen.

Denken die Verbraucher bei solchen Folien denn nicht: Ich will kein Plastik auf dem Feld?

Solche Bedenken sind eigentlich unbegründet. Die Folien sind TÜV-geprüft, lebensmitteltauglich und wahrscheinlich unbedenklicher als viele Spielzeuge in Kinderzimmern. Nach sechs Jahren sind sie komplett receyclebar. Mit den Folien brauchen wir keine Herbizide, wir haben ein gleichmäßigeres Wachstum und einen besseren Wasserhaushalt. Auch der Geschmack ist besser, das Gemüse verholzt nicht so leicht. Vergessen Sie auch nicht, dass wir mit Folien ein Steuerungsinstrument haben. Wenn wir keine Folien hätten, würde der Spargelmarkt bei größeren Temperaturschwankungen sofort am Boden liegen.

Welche Trends gab es noch zu beobachten?

Kühltechnik steht schon lange im Fokus, da gibt es noch ein hohes Verbesserungspotenzial im Spargelbereich. Interessant sind natürlich auch Entwicklungen wie der AutoSpar, ein „Stechroboter“, der wirklich die selektive Ernte leisten kann, genau wie der Mensch, die einzelne Stange aus dem Boden holt, wenn sie die richtige Länge hat. Aber diese Erntemaschinen müssen jetzt erstmal unter Realbedingungen zeigen, was sie wirklich können.

Es gibt schon seit ein paar Jahren Vollernter, die eigentlich wenig Sinn machen. Ich kann nicht jede Woche einmal übers Feld fahren und dann viel Industrieware produzieren, die die Preise nach unten zieht. Und wenn ich mit meinen Erntehelfern nicht mehr nachkomme, dann braucht der Markt die hohen Mengen, für die sich so eine Maschine lohnt, gerade nicht mehr.

Welche Entwicklungen sehen Sie noch in der Branche?

Beim Spargel gibt es immer viel Experimentierfreude, sowohl bei den Betrieben als auch bei der Industrie. Aber warum ist das so? Es ist ein sehr wertiges Produkt, das vom Verbraucher stark beachtet wird. Was ich dort mache, hat eine stärkere Wirkung als bei anderen Kulturen, zum einen durch den Saisonalcharakter, aber auch durch den hohen Wert im Verkauf.

Muss die Branche nicht daran interessiert sein, diesen Wert zu erhalten?

Absolut. Es wird viel investiert in die Professionalität bei der Direktvermarktung, etwa bei den Hofläden. Die Discounter kommen ja jetzt alle plötzlich mit Regionalität, aber die dürfen wir uns von den Supermärkten nicht vom Brot nehmen lassen. Denn wir können Regionalität originär viel besser. Da spielen kurze Wege und damit die Frische eine Rolle, die ist bei diesem Produkt nach wie vor entscheidend. Wenn WIR die Regionalität nicht verkörpern, wer dann?

Herr Böser, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Die Fragen stellten Thomas Polzer und Dr. Jens Kreutzfeldt.

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