22.04.2020

Preissturz bei Rohöl: „Internationaler und deutscher Markt nicht identisch“

Die Schlagzeilen über den Sturz des Rohölpreises ins Negative haben für großes Aufsehen gesorgt – und für Verunsicherung unter den Verbrauchern. Wie es dazu kam und warum diese Entwicklungen nur bedingt Auswirkungen auf den deutschen Markt haben, erklärt Frank Maier, Geschäftsführer der ZG Raiffeisen Energie GmbH, in einem kurzen Interview.

Herr Maier, was waren die Ursachen für den Preissturz beim Rohöl?
Frank Maier:
Zunächst einmal ist es ganz wichtig klarzustellen, dass sich dieser Preissturz in erster Linie am internationalen Markt ereignet hat. Die Ursachen sind einerseits die wirtschaftlichen Einbrüche infolge der Corona-Krise: Es wird weit weniger produziert und transportiert, die Industrie nimmt weit weniger Öl zur Energieerzeugung und Kraftstoffe ab, was zu einem Überangebot geführt hat. Andererseits wurde dieses Überangebot durch Spekulationen im großen Stil noch massiv künstlich erhöht. Ein Börsentermin endete, die Spekulanten haben die Mengen sozusagen auf den Markt geworfen, sodass der Preis auf dem Papier ins Negative rutschte.

Preise im negativen Bereich – was bedeutet das für die Verbraucher?
Maier:
Genau hier ist Aufklärung wichtig. Ins Negative gerutscht ist lediglich der Preis für die Termingeschäfte, bei denen physisch gar keine Ware gehandelt wird, sondern nur „Wertpapiere“. Der Spotpreis, also der Preis, für den tatsächlich auch Ware verkauft wird, blieb positiv, wenn auch natürlich niedrig positiv. Zudem ist mit entscheidend, dass internationaler Markt und deutscher Markt nicht identisch sind. Natürlich haben die internationalen Entwicklungen immer Auswirkungen, aber die Gegebenheiten hierzulande bestimmen den Preis nachhaltig mit. Und der deutsche Markt ist nach wie vor geprägt von großen Auftragsbeständen bei allen Händlern und einer knappen Heizöl-Verfügbarkeit.

Wie reagieren unsere Kunden in dieser Situation?
Maier:
Wir können es sehr gut verstehen, wenn die Kunden durch die Entwicklungen und die nachgelagerten Schlagzeilen verunsichert sind. Aber wir setzen hier auf Transparenz und die gute Vertrauensbasis zu unseren Kunden. Wer in den vergangenen Wochen bestellt hat, hat aus den bereits genannten Gründen keinen Fehler gemacht. Nochmals: Die Auswirkungen auf den deutschen Markt sind viel geringer, als vermutet wird.

Wie schätzen Sie die weitere Preisentwicklung für Deutschland ein?
Maier:
Wir gehen davon aus, dass die Folgemonate deutlich teurer werden als der aktuelle Spotmarkt. Aufgrund der anhaltenden Trockenheit erhöht sich zudem die Wahrscheinlichkeit auf eine erneute Niedrigwassersituation im Sommer, was die Inlandpreise ansteigen lassen könnte. Wenn wir noch weiter vorausblicken: Ab 2021 greift die Steuererhöhung mit einem CO2-Aufschlag von 8 Euro pro 100 Liter.

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