Genug für alle, zu wenig für jeden

Wortgewaltiger Hauptredner des Tages: Franz Fischler, ehemaliger EU-Agrarkommissar
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Im Oktober 2012 kamen Genossenschaftler und Experten aus aller Welt zum World Food Day Colloquium an der Universität Hohenheim, um über die Rolle und Perspektiven der Genossenschaften bei der globalen Ernährungssicherung zu diskutieren. Ermöglicht wurde die Veranstaltung durch die Unterstützung des Genossenschaftsverbandes BWGV sowie der regionalen Raiffeisen-Hauptgenossenschaften BayWa AG München und ZG Raiffeisen eG Karlsruhe.

„We have enough food for all, but not all have enough food“, so brachte Dr. Detlef Virchow, der Geschäftsführer des Food Security Center der Universität Hohenheim, das grausame Dilemma im Kampf um die Ernährungssicherung weltweit auf den Punkt. Lebensmittel gibt es genug, doch nicht alle Menschen haben Zugang zu den nötigen Ressourcen und Märkten. Umso wichtiger sei und bleibe daher die Rolle von organisierter Selbsthilfe. So gingen internationale Experten aus Theorie und Praxis von Genossenschaftswesen und Entwicklungszusammenarbeit auf ihrer Tagung der Frage nach, welche Rolle Genossenschaften bei der weltweiten Ernährungssicherung spielen und wie sie ihr Potenzial in Zukunft nutzen können. Ermöglicht wurde die Veranstaltung durch die Unterstützung des baden-württembergischen Genossenschaftsverbandes BWGV sowie der regionalen Raiffeisen-Hauptgenossenschaften BayWa AG München und ZG Raiffeisen eG Karlsruhe.

Genossenschaften sind die Antwort der potenziellen Verlierer der Globalisierung

Als ebenso prominenten wie wortgewaltigen Hauptredner des Tages hatten die Veranstalter Franz Fischler gewinnen können, ehemals EU-Kommissar für Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und Fischerei. Seine erschütternde Bilanz: Weltweit hungern heute noch immer rund 900 Millionen Menschen. Dabei verhielten sich Hunger und Armut „wie Zwillinge“, wie Fischler sich ausdrückte. Die Rolle der Genossenschaften im heutigen Kampf um die Ernährung der Menschheit charakterisierte Fischler, indem er an die Situation zu Zeiten Friedrich Wilhelm Raiffeisens erinnerte: „Then, cooperatives were the answer to the potential loosers of industrialisation. Today, cooperatives are the answer to the potential loosers of globalisation.“

Fischler ging auch den Ursachen für die zunehmende Preisvolatilität der weltweiten Rohstoff- und Lebensmittelmärkte nach. Er erinnerte daran, dass die regulären Futures auf den Warenterminmärkten nicht nur seit Jahrhunderten eine vollkommen natürliche Sache, sondern vielmehr unverzichtbar seien zur Preisabsicherung und zur Stabilisierung der Märkte. Die Probleme hätten erst dann begonnen, als „a new Finance Industry found new derivates, which influence price development on the markets negatively.“

<link internal-link>Unseren vollständigen Bericht von der Veranstaltung mit allen Fotos lesen Sie hier.


Weitgehende Einigkeit herrschte in den diversen Diskussionsrunden darüber, dass sich die Zustände in Problemregionen nicht von außen verändern lassen, sondern nur von innen heraus, unter aktiver Mitwirkung der betroffenen Menschen. Dafür seien die Genossenschaften nach wie vor prädestiniert. Positiv beeinflussen könne man die Rahmenbedingungen von außern lediglich durch Transfer von Wissen, Bildung, Innovation, Technik und – ein Gut, an das häufig nicht gedacht werde, so Franz Fischler – von Selbstbewusstsein. Dass es Anlass zur Hoffnung auf weiteren Innovationstransfer gibt, zeigten die Geno Wissenschaftspreise 2012, die BWGV-Verbandsdirektor Gerhard Schorr nach dem Hauptvortrag an drei Nachwuchstalente der Genossenschaftsforschung an der Universität Hohenheim verlieh.

 

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