Impfung für die Zukunft auf dem Sonderkulturforum 2015

"Impfen Sie auch kleine Gewitter?" Frank Kasparek, Rolf Benz und Moderatorin Katja Bohnert sammeln Fragen aus dem Publikum (Foto: ZG Raiffeisen)
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Rund 180 Fachbesucher diskutierten auf dem traditionellen Sonderkulturforum der ZG Raiffeisen am 11. Dezember 2015 in Appenweier aktuelle Trends der Obst- und Weinbaubranche. Neben globalen Entwicklungen stand vor allem die Frage im Vordergrund: Was kann man gegen immer extremeres Wetter machen?

Den spektakulären Auftakt der Veranstaltung machte der Vortrag von Hagelflieger-Pilot Frank Kasparek, der die Initiative Hagelabwehr Ortenau vorstellte. In Zusammenarbeit mit einem Wetterdienst und mithilfe des Radarsystems der Technischen Universität Karlsruhe versucht Kasparek im Auftrag der Initiative, Gewitterfronten zu entschärfen. Dafür „impft“ er die Wolken von einen speziell ausgerüsteten Flugzeug aus mit Silberjodit-Partikeln. Diese wirken wie zusätzliche Kondensationskeime und sollen die Hagelkörner in der Wolke in Eiskristalle verwandeln. Im Idealfall regnet der Hagel dann als harmloser Regen oder Schneeflocken herab.

Eine Versicherung gegen Hagelschäden gibt es nicht

„Eine Versicherung gegen Hagelschäden ist die Technik nicht, aber sie hat gute Chancen, die Schäden deutlich zu reduzieren“, sagte Kasparek. Das Potenzial liege laut allen bisher vorliegenden Studien bei bis zu 45 Prozent Schadensminderung. Nach einem Jahr Flugbetrieb in der Ortenau zog Kasparekt eine positive Bilanz: 43 Tage Bereitschaft, 13 Flugstunden im Einsatz und vier erfolgreich „geimpfte“ Gewitter, die anfangs ernsthaft bedrohlich aussahen, die nach dem Einsatz der Hagelpiloten aber glimpflich ausgegangen seien.

Der Job sei übrigens weniger gefährlich als es klinge, betonte Kasparek: „Wir fliegen ja nicht direkt in das Zentrum des Gewitters, das wäre in der Tat sehr riskant. Wir fliegen in den vorderen Bereich und versuchen, die natürlichen Aufwindkanäle der Wolke zu nutzen. Das natürliche Ökosystem der Wolke trägt die Partikel hoch und verteilt sie.“ Je früher man aufsteige, desto besser seien die Chancen, noch etwas zu machen. Eben deshalb ist der Bereitschaftsdienst auch so wichtig: Immer wenn die Wetterdaten brenzlig aussehen, müssen sich die Piloten bereithalten. Leider macht diese Bereitschaft das Projekt auch sehr teuer.

Nützlich, aber kostspielig

Finanziert wird der Hagelflieger von einem Zusammenschluss aus Wein- und Obstbauverbänden in der Region, und auch die ZG Raiffeisen unterstützt das Projekt. Franz Benz, stellvertretender Präsident des Badischen Weinbauverbandes, schilderte die Anfänge des Projektes, nachdem er schon vor einigen Jahren immer häufiger von Winzern auf die zunehmend schwereren Schäden durch Hagelgewitter angesprochen wurde. Nach den ersten Einsaätzen hätten ihn Landwirte in den betroffenen Niederschlagsgebieten angerufen und berichtet: „Die Hagelkörner sind immer noch sehr groß, aber weich wie Butter.“ Die Technik wirke also.

Groß wie Tennisbälle, aber weich wie Butter

„Wir wollten nicht warten, bis uns jemand hilft, sondern selbst anpacken“, meinte Benz und warb um weitere Unterstützung für das Projekt. Vor allem die Bereitschaftsdienste und die Flugzeuge machten das Projekt so kostspielig, doch sei der Nutzen nicht mit Geld aufzuwiegen. Er hofft, dass 2016 ein zweites Spezialflugzeug angeschafft werden kann. „Das hilft nicht nur uns, sondern der gesamten Gesellschaft, die dann ja auch weniger unter dem Hagel zu leiden hat.“

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