Was macht den badischen Weißherbst also so besonders? Er wird ausschließlich aus der blauen Spätburgundertraube gewonnen. Damit sind der Spätburgunder Weißherbst und der Pinot Blanc de Noir, ein hell oder weiß gekelterter Spätburgunder, echte badische Spezialitäten und Qualitätsweine.
Edle Zutaten
Nach dem deutschen Weinrecht ist lediglich festgelegt, dass ein Weißherbst ausschließlich aus den Trauben einer einzigen Rebsorte gewonnen werden darf, die zudem aus einer Lage stammen müssen. Verschnitte wie etwa Badisch Rotgold dürfen den Namen Weißherbst nicht im Etikett führen. Welche Rebsorte, das ist jedoch nicht festgelegt.
Die Spätburgundertraube gilt weltweit als besonders hochwertige Rebsorte. Sie stammt ursprünglich aus den französischen Weinbaugebieten von Burgund, denen sie ihren Namen verdankt. Der Spätburgunder wurde im 13. Jahrhundert von Mönchen der hier ansässigen Orden aus Frankreich nach Baden gebracht. Hier wird er bis heute erfolgreich kultiviert, mit regional unterschiedlichen charakteristischen Noten. Die bekanntesten stammen vom Kaiserstuhl und aus der Bodenseeregion.
Vielfältig im Geschmack
Ursprünglich soll es sich um eine Kreuzung aus den Sorten Schwarzriesling und Traminer handeln. Aus der Spätburgundertraube werden nicht weniger als vier populäre Weinsorten gewonnen. Die Palette reicht vom exotischen Pinot und honigsüßen Weißherbst über den leichten Rosé bis hin zum trockenen Spätburgunder Rotwein. Ob die französische Kunstfertigkeit in der Herstellung hell gekelterter Sommerweine aus roten Rebsorten wie Weißherbst oder Rosé tatsächlich auf dem Mangel an hochwertigen Weißrebsorten in Frankreich begründet liegt, ist nicht belegt.
Verhinderter Rotwein?
Eigentlich ist der Weißherbst damit ein verhinderter Rotwein: Er bekommt gar nicht erst Gelegenheit, rot zu werden. Die Trauben werden sofort nach der Weinlese abgepresst, bevor sie gären können. Der Most wird dann von der Maische getrennt, bevor die Maische die Farbpigmente in der Traubenhaut an den Most abgeben kann. Anschließend wird er wie Weißwein weiterverarbeitet.
Der Most vom Weißherbst liegt höchstens ein bis zwei Stunden auf der Maische und ist heller als ein Rosé, der üblicherweise 12 bis 24 Stunden liegen bleibt. Dadurch erhält der Weißherbst seine charakteristische hellrote, beinahe goldene Farbe. Im Geschmack ist er mild-fruchtig mit leichter Note und passt sehr gut zu Wild, Geflügel, Kalb oder Süßspeisen.
Späte Lese
Für den badischen Weißherbst werden nur hochreife Trauben verwendet, die kurz vor der Gärung stehen. Die Weinlese erfolgt üblicherweise von Mitte bis Ende Oktober, mindestens drei Wochen nach der üblichen Weinlese für andere Sorten. In dieser Zeit kann die Traube bereits Edelfäule (Botrytis) entfalten und weist auch einen höheren Restzuckergehalt auf. Er ist daher trockener und gehaltvoller als andere Weinsorten von vergleichbarer Farbe.
Kein Grund rot zu werden
Rot werden – und mitunter auch rot sehen – lassen Weißherbst und Pinot Blanc daher allenfalls den ein oder anderen unkundigen Weintrinker, der sich von ihrer hellen Farbe irreführen lässt. Der Weißherbst ist im Volksmund auch als „Händelstifter“ oder „Streitsucher“ bekannt, da manche Konsumenten die Wirkung des Getränks mitunter unterschätzen. Denn die helle Farbe kann leicht darüber hinwegtäuschen, dass er mit rund 13 Prozent einen deutlich höheren Alkoholgehalt aufweist als der leichtere Roséwein, von dem schon einmal ein Glas mehr getrunken werden kann.
Ende der 1990er Jahre ein Trendgetränk, geriet der Weißherbst hierzulande zwischenzeitlich beinahe in Vergessenheit. Seit einigen Jahren erfreut er sich nun wieder wachsender Beliebtheit und steht im Vergleich mit seinen kräftigeren Schwestersorten keineswegs blass da.