Lange Leitung?

Achtung, dieses Haus versorgt sich selbst: Thomas Knodel (rechts) und Helmut Burkhardt vor dem EnergyStore (Fotos: ZG Raiffeisen)
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Was tun, wenn die Netzleitung nicht genug hergibt? Milchbauer und ZG Raiffeisen-Mitglied Thomas Knodel aus Karlsbad setzt nun auf sein eigenes Solarnetz. Dank neuer Technologie der Speichermedien macht es ihn für bis zu 24 Stunden unabhängig von seinem Energieversorger.

Am Eingang zum Milchhof der Familie Knodel wacht eine königsblaue Werbekuh. Sie blickt auf ein Industriegebiet mit mehreren großen Werksanlagen, doch die gehören alle schon zum Nachbarnetz. „Wir haben hier halt eine Endleitung, da gibt es immer mal wieder Probleme mit der Netzqualität“, sagt Thomas Knodel. Öfter gab es Spannungsschwankungen, und auch kompletten Stromausfall hat er schon erlebt. Das ist für die Geräte natürlich nicht gut und auch nicht für die Milch, vor allem aber nicht für die Tiere. „Wenn der Melkroboter nicht zuverlässig funktioniert, holen die sich ganz schnell eine Euterentzündung“, erklärt er.

Kein Wunder also, dass Thomas Knodel offen für neue Lösungen war. Die bereits vorhandene Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Milchvieh-Stalls wurden kurzerhand von 30 auf 50 Kilowatt Leistung aufgestockt. Drei Inselwechselrichter verteilen nun den Strom aus der Photovoltaik-Anlage auf den Hof, den Speicher oder ins Netz. Was nicht direkt benötigt wird, fließt in einen Energiespeicher im Keller des Wohnhauses. Er besteht aus achtundvierzig Eisenphosphat-Lithium-Akkus mit einer Gesamtspeicherkapazität von 55 KW.

<link internal-link internal link in current>Unseren vollständigen Bericht über Thomas Knodels neuen Photovoltaik-Speicher mit allen Fotos finden Sie auf unseren Technik-Seiten


Angeschlossen ist eine Enwi-Box als Reservesystem. Bei Netzausfall baut das Gerät automatisch ein autarkes Stromnetz auf und versorgt so den gesamten Hof. Damit ist sichergestellt, dass Milchkühlung und Melkroboter jederzeit funktionieren. Im Notstrombetrieb kann der gesamte Hof einen Tag lang auch ohne Sonnenschein mit dem Speicher weiterbetrieben werden. Als zusätzliche Sicherheit hat Thomas Knodel noch einen Zapfwellengenerator angeschafft, der an die Anlage angeschlossen werden kann. Bisher hat er ihn nicht gebraucht.
 
Bei Sommerwetter liegt der Autarkiegrad bisher im Schnitt bei 98 Prozent, obwohl es in diesem Jahr viel geregnet hat. Seitdem die neue Anlage in Betriebs ist, hat Thomas Knodel in rund sechs Wochen gerade einmal 105 kWh vom Energieversorger bezogen, zugleich aber 4700 kWh in das Versorgernetz eingespeist. Denn das Batteriemanagement und der Homemanager sorgen dafür, dass der Energiespeicher jede Strommenge, die das System kurzfristig aus dem Netz benötigt, umgehend auch wieder einspeist.

Hellauf begeistert, schwer entflammbar

Den Anstoß für die Neuinvestition lieferte Karl-Heinz Zeisel von der ZG Raiffeisen Technik GmbH, der die Familie Knodel seit vielen Jahren berät und der auch den Zapfwellengenerator für das neue System geliefert hat. Zeisel entging nicht, dass Thomas Knodel mit seiner Energieversorgung alles andere als glücklich war, und stellte den Kontakt mit dem Solar-Spezialisten Helmut Burkhardt her, mit dem das Unternehmen schon lange zusammenarbeitet. Burkhardt holte Kunden, Energieversorger, Kommunen und Anbieter an einen Tisch und erarbeitete gemeinsam eine Lösung, mit der alle Beteiligten gut leben konnten.

Bisher fehlte nur noch die richtige Speichertechnologie. Die Eisenphosphat-Akkus sind anders als die herkömmlichen Lithium-Ionen-Speicher nur schwer entflammbar und können daher auch bedenkenlos im Keller des Knodelschen Wohnhauses stationiert werden. Aber ab wann lohnt sich so ein Speicher? „Generell sollte sich jeder Landwirt über einen Speicher Gedanken machen, wenn er jede Nacht einen regelmässigen Strombezug von mindestens 10 kWh hat und für die Kilowattstunde über 18 Cent netto bei seinem Energieversorger bezahlt“, sagt Helmut Burkhardt.

Kosten und Rendite

Je nach Betrieb ist eine gewerbliche Photovoltaik-Speicheranlage ab etwa 40.000 Euro zu haben. Bei Thomas Knodel lagen die Anschaffungskosten allerdings rund doppelt so hoch, bedingt durch das gewünschte Leistungsvolumen, die Art und Anzahl der angeschlossenen Verbraucher und die individuellen Probleme mit der Netzinfrastruktur vor Ort. Geholfen hat ihm sein Bankberater mit einem passenden Kredit und einem Speicherförderungs-Zuschuss der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Nach den Berechnungen von Helmut Burkhardt wird sich die Anlage nach zehn Jahren amortisiert haben, bereits ab dem ersten Jahr soll die Anlage durch die eingesparten Energiekosten rund 11 Prozent Rendite erzeugen.

Alles speist sich aus dem eigenen Netz

„Das neue System ist einfach genial“, findet Knodel, vor allem für Milchviehbetriebe, weil man dort viele Geräte mit konstanter Leistung habe und den Versorgungsbedarf daher recht genau im Voraus bestimmen könne. Inzwischen denkt er bereits über einen Hoflader mit Elektro- oder wenigstens Hybrid-Antrieb nach. Egal ob elektrischer Traktor, Auto, Stapler, Hoflader, alle Großverbraucher könnten sich künftig die benötigte Energie direkt aus dem eigenen Hofnetz holen.

Die neue Anlage ist so leistungsfähig, dass Knodel nicht einfach untransformiert in das Netz einspeisen darf, weil die Stromleitung des Energieversorgers nur für 30 KW ausgelegt ist. Um überhaupt einspeisen zu dürfen, musste die Anlage sogar „wirkleistungsbegrenzt“ werden, wie es im Amtsdeutsch heißt. Ihm kann es egal sein. Was das öffentliche Netz nicht verkraftet, kommt ihm gerade recht.

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