10.12.2019
Ulrike Mayerhofer

Milchviehwirtschaft zwischen Klimawandel und Social Media: Rinderforum 2019 mit ARD-Wetterexperte Sven Plöger

Vortrag ZG Raiffeisen
ARD-Wetterexperte und Gastredner Sven Plöger spricht in Donaueschingen (Foto: Ulrike Mayerhofer für ZG Raiffeisen)

„Stärker als 200 Pferde, weniger Emissionen als eine Kuh“: Slogans wie dieser, mit dem ein Automobilkonzern für einen neuen SUV geworben hat, stoßen Dr. Uwe Kaminski sauer auf. Als Produktionsmanager des Raiffeisen-Kraftfutterwerks Kehl (RKW) ist er ganz nah dran an den Landwirten – und an den Herausforderungen, der die gesamte Branche aktuell in ganz besonderem Maß ausgesetzt ist. Der Klimawandel ist eine davon, die stetig steigenden Anforderungen an die Betriebe eine andere. Beides machte das RKW zu Themen seines Rinderforums in Donaueschingen.

Zum insgesamt 17. Mal richtete Badens größter Mischfutterhersteller seine Vortrags- und Messeveranstaltung aus. Milchviehalter vom Landwirte vom Bodensee über den Schwarzwald bis zum Kinzigtal nutzen das Angebot, um sich über wichtige Entwicklungen in der Branche zu informieren und praktische Empfehlungen für ihre tägliche Arbeit auf dem Hof mitzunehmen.

„Wir spüren den Klimawandel ganz gewaltig“, sagt Manfred Henninger. Der Landwirt aus St. Georgen im Schwarzwald hat einen Milchviehbetrieb, im Dürrejahr 2018 wurde das Grundfutter knapp. Umso stärker interessiert ist er an den beiden Fachvorträgen nach der Mittagspause. Zuerst spricht der bekannte ARD-Wetterexperte Sven Plöger allgemein zum Thema Klimawandel, anschließend RKW-Produktionsmanagerin Alexandra Föll zu den Folgen für das Milchvieh-Management.

Je mehr Hitze und Trockenheit, desto höher auch die Anforderungen an die Landwirte, Wohlbefinden und Leistung ihrer Tiere zu erhalten, zeigt Föll auf. Denn Kühe mit ihrem komplexen Organismus kommen bei höheren Temperaturen schnell in den sogenannten Hitzestress – mit negativen Auswirkungen auf Futteraufnahme und nachgelagert auf Fruchtbarkeit sowie  Milchmenge und -qualität. Mit Luftkühlung über Ventilatoren und einem besonderen Augenmerk auf die Wasserversorgung sind laut der Produktionsmanagerin erste wichtige Schritte getan, aber auch die Futteraufnahme können die Milchviehhalter positiv beeinflussen, beispielsweise über häufigeres Futterschieben im Sommer und die Vermeidung von Selektion durch die Tiere.

Manfred Henninger hat auf seinem Betrieb aber nicht nur unter verschärften klimatischen Bedingungen alle Hände voll zu tun. Vor Jahren haben er und seine Frau sich mit der Vermietung von Ferienwohnungen ein zweites Standbein geschaffen – wie einige seiner Kollegen im Schwarzwald. Zusätzliche Vermarktungsmöglichkeiten zum Haupterwerbszweig zu suchen, genau das empfiehlt Julia Schmautz angesichts der rasant ansteigenden Anforderungen.

Kuh Elsa und Social Media

Man braucht nur einmal die Milchverpackungen in den diversen Supermärkten näher anzuschauen, wie es die RKW-Produktionsmanagerin für ihren Vortrag getan hat: Regionale Herkunft, qualitativ hochwertige Fütterung, Auslauf, Weidehaltung… damit werben mittlerweile nahezu alle Molkereien gerne und folgen damit den hohen Ansprüchen der Verbraucher. Bei anhaltend niedrigen Milchpreisen geraten vor allem die eher kleiner strukturierten Milchviehbetriebe in Baden-Württemberg an die Grenzen des Machbaren.

Schmautz sieht eine Chance darin, dass die Landwirte aktiv auf Verbraucher, den Lebensmitteleinzelhandel oder Umweltorganisationen zugehen. „Sie können Ihre Themen am besten und am authentischsten vertreten“, ermutigt sie ihre Zuhörer. Eine Option? Social Media. In ihrem Vortrag „Kuh Elsa geht viral“ gibt Gastrednerin Mona Ulmer einen Überblick über die verschiedenen Kanäle und Aktionsmöglichkeiten sowie wertvolle Tipps zu Vorgehen und Inhalten.

Auch Sven Plöger hat vor dem Hintergrund seines Vortrags mit drastischen Bildern und Zahlen zum Klimawandel eine ermutigende Kernbotschaft:  „Wir haben noch eine Chance!“. Allerdings müssten aus dem „vielen Reden, was wir wie tun könnten, endlich auch Taten werden“. Keinesfalls hilfreich seien einseitige Schuldzuweisungen. Natürlich könne die Landwirtschaft ihren Beitrag leisten, so Plöger, nimmt aber gleichzeitig die gesamte Gesellschaft mit in die Pflicht. „Letztlich müssen wir alle erkennen: Dieser Planet braucht uns nicht, aber wir ihn!“

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