Neue Reben braucht das Land

Das richtige Fundament gehört dazu: Rebstöcke am Bodensee (Foto: Jens Kreutzfeldt)
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Der Wein fühlt sich zu Haus im Rebland Baden, seine edlen Tropfen sind international gefragt. Doch woher kommen eigentlich die Rebstöcke, an denen die begehrten Trauben gedeihen? Sie werden eigens in Handarbeit hergestellt, bei der sogenannten Rebveredlung. Ein Besuch im Reblager der ZG Raiffeisen eG in Merdingen.

Wachsen Weinreben nun eigentlich auf Bäumen? In diesem Fall erscheint die Frage ausnahmsweise berechtigt. „Rebstöcke kann man jedenfalls nicht einfach säen wie Gemüse“, sagt Florian Erler. Der 32-jährige leitet seit 2011 das Reblager der ZG Raiffeisen eG in Merdingen. „Man braucht einen Wurzelstock als Unterbau. Und wie bei jeder Züchtung ein Stück vom Original. Also in diesem Fall ein Stück von der Original-Rebsorte.“ Denn damit die charakteristischen Eigenschaften der Rebsorte – wie Farbe und Größe der Trauben, Zuckergehalt oder Geschmack – für die Weinliebhaber ihre Lieblingssorte schätzen, auf die neue Rebpflanze sortenecht übertragen werden können, braucht man sogenannte Klone. Quasi eine Kopie von der Original-Rebe. In diesem Fall ist das tatsächlich ein Zweig. Dafür werden Triebe von abgeschnittenen Edelruten der gewünschten Weinsorte verwendet, die sogenannten Edelreiser. Sie werden im Winter von den Originalreben geschnitten, desinfiziert und eingelagert. Das ist die erste Station der Rebveredlung, ohne die keine Weinsorte auf Dauer überleben würde.

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Doch das Edelreis ist nur die eine Hälfte des künftigen Rebstocks. Noch fehlt die Unterlage, der Wurzelstock. Beide Teile zusammen ergeben die sogenannte Pfropfrebe. Ein Kuriosum dabei ist: Bis heute wachsen die europäischen Rebsorten nur auf amerikanischen Wurzelstöcken einwandfrei. Diese sind entgegen Ihren europäischen Vettern tolerant gegen die Reblaus, den Schrecken jedes Winzers.

Die Metamorphose zum neuen Rebstock beginnt mit dem sogenannten Omega-Schnitt: Auf einer speziellen Maschine werden die Edelreiser von Hand zurechtgeschnitten und auf die Rebe aufgepfropft wie später der Korken auf die Weinflasche. Zum Schutz gegen Infektionen wird die Propfrebe im Wachsbad paraffiniert. Die Wachsschicht verhindert ein Austrocknen der „jungen Rebe“ und stabilisiert diese zugleich. Pfropfreben sind von Anfang bis Ende echte Handarbeit. Mit Maschinen kommt man hier nicht weit.

4 Millionen neue Reben braucht das Land im Jahr

Ab Ende Februar liegen die Reben im Reblager Merdingen im Kühlhaus bereit, mehrmals paraffiniert und gebündelt in Kartons verpackt. Der Winzer muss dann nur noch die bestellten Reben abholen. Seine Arbeit beginnt mit der Neuanlage der Rebstöcke. Gewöhnlich beträgt die Lebensdauer eines Weinberges etwa 25 Jahre. Zwei bis drei Jahre brauchen neue Reben, bis sie im Weinberg Früchte tragen. Allerdings sind kurzfristig meist nur Standardsorten lieferbar. Der Winzer ist also gut beraten, wenn er rechtzeitig an Ersatz denkt und bestellt. Etwa vier Prozent des Rebbestandes sollten jedes Jahr erneuert werden. 4.000.000 der rund 100 Millionen Weinreben in Baden-Württemberg werden im Jahr neu angelegt. Die Rebveredler haben also alle Hände voll zu tun.

„Liefern können wir nahezu jede Sorte, die es gibt“, sagt Florian Erler. „Das ist nicht das Problem. Unsere eigentliche Stärke ist die Beratung. Denn die richtige Kombination von Klon und Unterlage ist, worauf es ankommt. Was nützt mir als Winzer eine beliebte Weinsorte oder eine begehrte Veredlungskombination, wenn sie die Erwartungen nicht erfüllt?“

Weitere Informationen und den Weg zum Rebenlager Merdingen zeigt unser <link internal-link internal link in current>Standortfinder.

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