Nur nicht ins Schleudern kommen

Fendt-Traktorgespann beim Üben von Ausweichmanövern auf nasser Fahrbahn auf dem Gelände des ADAC-Fahrsicherheitszentrums Hockenheimring
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Seit Februar 2013 bietet der ADAC Fahrsicherheitstrainings für Landwirte auf dem Hockenheimring an. Der Hintergrund sind steigende Unfallzahlen mit landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen im Straßenverkehr. Die ZG Raiffeisen unterstützt das Programm mit Fahrzeugen und Material.

Es gibt tatsächlich Traktoren auf dem Hockenheimring – doch bisher kannten sie die Verkehrs- spezialisten vom Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC) eigentlich nur als Transportmittel, das die millionenschweren Rennwagen für die Formel 1 oder die Tourenwagenmeisterschaften an den Start des legendären Parcours bringt. Bis Ernst Riedel von der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) kam, und mit ihm eine mehr als beunruhigende Unfallstatistik. Riedel ist der Iniatior des hiesigen Fahrsicherheitstrainings für landwirtschaftliche Fahrzeuge am Hockenheimring, aus traurigem Grund. Nicht weniger als 42 tödliche Arbeitsunfälle hatte die SVLFG 2012 zu verzeichnen. Bei den Unfallursachen stehen Motorfahrzeuge ganz weit oben in der Statistik, und dabei wiederum Unfälle im Straßenverkehr, die immerhin ja auch noch andere Verkehrsteilnehmer betreffen. Sorge bereitet Riedel vor allem, dass die landwirtschaftlichen Gespanne immer größer, breiter, höher und schwerer würden, in Verbindung mit immer komplexerer Technik. Dementsprechend steige auch die Gefahr.

Schlimme Statistik 

Also suchte Riedel im Sommer 2012 das Gespräch mit dem ADAC, im Februar 2013 begannen die ersten Trainings. Vorbilder waren ähnliche Programme in Hessen und Thüringen, auf deren Erfahrungen man zurückgreifen konnte. Für den ADAC war das Programm auch eine neue Erfahrung. „Im ersten Moment habe ich gedacht, was wahrscheinlich jeder gedacht hat“, sagt ADAC-Trainer Mathias Fiedler. „'Wir sollen mit einem Traktor auf dem Hockenheimring trainieren?' Aber nach der ersten Runde mit so einem Schlepper habe ich meine Meinung schnell geändert. Ich habe ja wirklich schon so ziemlich alles gefahren in meinem Beruf, aber noch nie so unberechenbare Fahrzeuge wie diese.“

Stufenlos immer gefährlicher 

Insbesondere die neuen stufenlosen Getriebe, Allradlenkungen und für den Ackerbetrieb optimierte Sitzeinstellungen werden häufig unterschätzt, besonders von ungeübten Fahrern. „Ein Ackerschlepper fährt sozusagen wie auf Stöckelschuhen“, meint Riedel. "Man muss jedes einzelne Rad voll unter Kontrolle haben." Und der Straßenbetrieb ist ein ganz anderes Fahren als auf dem Feld. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h fangen die Fahrzeuge leicht an zu schlingern und zu hoppeln, schnell ist man beim Bremsen vom Pedal abgerutscht, und das Fahrzeug bricht aus. „Schon der Feldweg ist nicht mehr Acker“, sagt Fiedler. Man könne natürlich in wenigen Stunden nicht aus jedem Teilnehmer perfekte Fahrer machen, doch das sei nicht entscheidend. Vielmehr komme es auf das Bewusstein an, sowohl für die besonderen Gefahren und als auch dafür, dass auch vemeintliche Bagatellen wie die Einstellungen des Fahrersitzes wichtig, um nicht zu sagen lebensrettend sind. „Wir wollen nicht regulieren, sondern assistieren", meint er.

2013 werden noch die Hälfte der Lehrgangskosten erstattet

58 Teilnehmer im Alter vom 17 bis 60 Jahren aus ganz Baden-Württemberg haben seit Februar das Training absolviert und waren begeistert. Gelobt haben die Teilnehmer durch die Bank den hohen Anteil an Fahrpraxis, und dass man auf sicherer Strecke auch einfach einmal probieren kann, wie das Fahrzeug reagiert. Gut fanden die Teilnehmer auch, dass Fahrzeuge und Geräte aller Marken bereitstanden, sodass man sich auf die heutige Modellvielfalt besser einstellen könne.

Möglich gemacht haben das Training die Sozialversicherung, der ADAC sowie Sponsoren wie die ZG Raiffeisen, die Traktoren, Lastwagen und Anhänger sowie landwirtschaftliches Zusatzgerät zur Verfügung gestellt haben. Nahezu alle namhaften Marken sind vertreten. Die Trainings finden von November bis März im Fahrsicherheitszentrum am Hockenheimring statt und kosten rund 300 Euro. Bald sollen sie auch deutschlandweit angeboten werden. Angesichts der Bedeutung des Themas hat die SVLFG mitgeteilt, dass sie noch im Jahr 2013 die Hälfte der Kurskosten erstattet, ab 2014 dann noch 50 Euro. „Es geht um das Überleben von jedem Einzelnen“, sagt Riedel, und man merkt sofort, er weiß, wovon er redet. Leider.

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